Das Amtsgericht Rockenhausen bewertet eine Insolvenz-App, die öffentlich zugägliche Daten enthält, als datenschutzwidrig (AG Rockenhausen vom 09.08.2016 – Az.: 2 C 341/16).

Der App-Anbieter betreibt eine App, die amtliche Insolvenzbekanntmachungen enthält. Der Datenbestand der App stammt von den Insolvenzgerichten und ist somit aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen.

Das Amtsgericht Rockenhausen bewertet diese App als datenschutzwidrig: Zwar seien die Informationen lediglich aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Jedoch liege hier die Besonderheit vor, dass der Nutzer der App die Informationen anhand bestimmter Suchbegriffe selektieren und sie auch räumlich und grafisch [über eine Kartenfunktion] darstellen könne. Dadurch erhielten die [allgemein zugänglichen Datensätze] Datensätze eine neue Qualität, die ihr Anbieten rechtswidrig werden lasse. Denn durch ein solches vereinfachtes Anzeigen erziele die App eine Art „Prangerwirkung“ und berücksichtige nicht hinreichend die Interessen der Betroffenen. Darüber hinaus sei die mobile Software auch deswegen nicht erlaubt, weil sie nicht das berechtigte Interesse der App-Nutzer abfrage. Da dem App-Anbieter die einzelnen Anwender namentlich nicht bekannt seien, könne die nach dem Gesetz in § 29 Abs.2 Nr.1 BDSG vorgesehene Abfrage berechtigten Interesses nicht durchgeführt werden. Es bestehe auch kein generelles Interesse der Allgemeinheit, genau zu wissen, wer in der näheren Umgebung insolvent sei und wer nicht. Wer als Gläubiger über eine bestimmte Person nähere Informationen beziehen wolle, könne dies über das allgemeine Internet-Portal insolvenzbekanntmachung.de abrufen. Dadurch würden seinen wirtschaftlichen Belangen ausreichend Rechnung getragen.

Ein ziemlich interessantes Gerichtsurteil, das mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet und unseres Erachtens wohl ein Einzelfall bleibt: Denn dass durch die Verknüpfung der Daten und die Art und Weise der Darstellung die Informationen eine neue (Daten-) Qualität erhalten und dadurch rechtswidrig würden, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Ansonsten wäre jede grafisch-visuelle Aufbereitung allgemein zugänglicher Datenmit dem Risiko datenschutzrechtlicher Unzulässigkeit behaftet. Hierfür einen Rückgriff auf die Abfrage des berechtigten Interesses des Nutzers zu verlangen, geht in dem vom Amtsgericht Rockenhausen zu entschiedenden Sachverhalt zu weit, da es sich bereits um allgemein zugängliche Daten handelt, die an zahlreichen anderen Stellen ja gerade ohne eine solche Abfrage einsehbar sind, zum Beispiel unter insolvenzbekanntmachungen.de selbst. Die Bestimmung aus § 29 Abs.2 Nr. 1 BDSG ist daher entsprechend teleologisch zu reduzieren (vgl. dazu auch die spickmich-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in der der BGH ausdrücklich festgestellt hat, dass die abfragenden User einen Anspruch darauf haben, anonym zu bleiben, vgl. BGH vom 23.06.2009 – Az.: VI ZR 196/08).

Die App mag streitbare Funktionalitäten aufweisen, das Datenschutzrecht erscheint aber nicht das richtige Gesetz zu sein, dies anzugreifen. Es bleibt anzuwarten, ob von diesem Urteil eine tiefere Wirkung ausgeht. Wir meinen aber nicht und raten dazu, kein voreiligen Schlüsse zu ziehen.